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Psychoanalytisches Business Coaching

Warum es sich bei Stress besser auf der Couch als auf der Entspannungsmatte liegt

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, ist ein altes Sprichwort, doch bezogen auf unser Gesundheitsverhalten scheint das Bannen der Gefahr nicht so leicht umsetzbar zu sein. Wir wissen, dass Stress krank macht, doch führt dieses Wissen oftmals nicht zu einer gesunden Life-Work Balance. Wenn vernunftbegabte, erfolgreiche Menschen ein ungesundes (bisweilen tödliches) Maß an Stress für sich wählen, dann ist es wichtig herauszufinden, was genau sie antreibt und über die Grenzen hinweg motiviert. Dabei helfen lange bewährte Erkenntnisse der Psychoanalyse.
In Stressmanagement Kursen werden Entspannungs-Verfahren gelehrt. Und richtig, Entspannung hilft Stresshormone abzubauen. Doch wie lange halten gute Vorsätze an? Ist es wirklich sinnvoll, die letzten freien Minuten eines übervollen Tages noch mit Yoga&Co zu füllen? Ist Ziel der Meditation die Selbstoptimierung und führt dieser Anspruch zu noch mehr Stress? Entspannungsverfahren, Zeitmanagement, Genusstraining und Achtsamkeit entfalten ihre Wirkung am besten, wenn der Anwender und die Anwenderin verstanden hat, was ihn oder sie persönlich antreibt, über die Grenzen zu gehen. Es gilt, das Symptom Stress vor dem entsprechenden biografischen Hintergrund zu betrachten. Welche inneren Wünsche, Erwartungen oder Ansprüche treiben uns an? Wie wird der Stress in uns produziert? Es ist wichtig, das Symptom Stress zu entschlüsseln. Nur dann können freie Entscheidungen zur Veränderung führen. Und nur dann werden auch Entspannungsverfahren wirksam eingesetzt.

Stress, was ist das?

In den ersten Theorien zum Thema Stress wie sie zum Beispiel ein Forscher namens Seyle formuliert hat, lag der Fokus auf der körperlichen Reaktion, die durch einen Reiz oder eine Arbeitsbelastung ausgelöst wurde. Auch heute entstehen zahlreiche Studien zum Thema Stress. Die meisten betonen die Notwendigkeit von Ruhepausen nach Belastungsphasen. Durch dauerhafte Belastungen können Stressreaktionen chronifizieren und zu Krankheit führen. Es gilt als erwiesen, dass chronischer Stress kardiovaskuläre, muskuloskelettale, immunologische, psychosomatische und psychische Erkrankungen mitverursacht, auslöst oder verschlechtert.

Ein bekannter Wissenschaftler und Forscher aus dem Bereich der Psychologie, Richard Lazarus, forschte zu der Frage, warum Menschen unterschiedlich erfolgreich mit Stress umgehen. Er legte den Fokus auf die Persönlichkeit des Menschen, der der Belastung ausgesetzt ist. Lazarus fand, dass die persönlichen bewussten und unbewussten Bewertungen eines Ereignisses großen Einfluss auf die individuelle Reaktion haben. Habe ich die richtigen Ressourcen zur Verfügung, um diese Anforderung zu meistern? Welche Bedeutung hat eine Aufgabe für mich? Welche unbewusste Bedeutung könnte mich antreiben? Welche Coping-Strategien wähle ich?

Für einen erfolgreichen Umgang mit Stress gilt es, die Balance aus Anforderung und Erholung in der Arbeitssituation mit der Persönlichkeit, den Einstellungen, den Werten, der Umwelt und der Sozialisation einer Person zusammenzubringen.

Stresserkrankungen sind in den heutigen Arbeitsbedingungen ein häufiges und ernst zu nehmendes Thema. Dem DAK Gesundheitsreport von 2017 zufolge beträgt der Anteil der psychischen Erkrankungen an den Arbeitsunfähigkeits-Tagen 16,7 Prozent. Hinzu kommen noch Erkrankungen des Muskelskelett-Systems und des Verdauungssystems, die ebenso Ausdruck von Stress sein können. Langfristige Arbeitsausfälle, Burnout Erkrankungen und sogar Suizide können die Folge von Stress sein.

Was macht die Arbeitswelt so belastend? 

Typische Belastungsfaktoren im Alltag der digitalisierten Arbeitswelt sind ein steigendes Arbeitspensum, viele Unterbrechungen durch ständige Erreichbarkeit, schwindende Grenzen von Beruf und Freizeit, hoher Leistungs- und Termindruck, außerdem Multitasking durch Medienvielfalt. Forschergruppen, die sich mit dem Thema Stresserkrankungen beschäftigen, betonen, dass Belastungen durch fehlende soziale Unterstützung und fehlende Unterstützung von Supervisoren erhöht werden. Auch Rollenkonflikte am Arbeitsplatz oder zwischen Arbeitsplatz und Privatleben werden als belastend empfunden. Ebenso wichtig für das Wohlbefinden und wirkungsvoll gegen Stress ist eine angemessene Gratifikation und das Erleben von Autonomie und eigenem Handlungsspielraum. So belegt der Universitätsprofessor Prof. Dr. Karasek, dass Arbeitsplätze besonders stressgefährdet sind, wenn Beschäftigte trotz hoher Anforderungen wenig Entscheidungsfreiraum haben und Arbeitsabläufe wenig beeinflussen können. Negativ auf das Wohlbefinden wirkt sich auch eine schlechte Passung des persönlichen Wertesystems mit dem Wertesystems des Arbeitsplatzes aus. Zusätzlich verursachen auch moderne Führungsstile hohen Stress, wie zum Beispiel indirekte ergebnisorientierte Unternehmenssteuerung. Hier werden Angestellte durch individuell angepasste, gut bezahlte und ständig steigende Zielvorgaben geführt und zu selbstausbeutendem Verhalten provoziert. Kommen viele der oben genannten Faktoren zusammen, nimmt die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Krankheiten zu.

Die Balance zwischen Ich und Gesellschaft

Als Arbeitnehmende*r hat man den Spannungsbogen zwischen den beschriebenen Arbeitsanforderungen und den eigenen Bedürfnissen auszuhalten. Wie sehr muss ich mich anpassen und meine eigenen Bedürfnisse zurücknehmen? Die Balance zwischen „Eigensinn“ und „sozialer Anpassung“, zwischen dem, was mir selbst guttut und dem, was ich tun muss, ist ein lebenslanger Balanceakt, der immer wieder neu justiert werden muss. Ein nicht-Gelingen dieses Seiltanzes, kann sich in Stress-Symptomatiken wiederspiegeln.

Stress als Symptom für Dysbalance

In der Medizin ist das Symptom das Sichtbarwerden einer Krankheit, die ansonsten unbemerkt bliebe. Dem Begriff des Symptoms liegt also die Unterscheidung zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit zugrunde. Sichtbar ist oft die Arbeitsbelastung, die Arbeitsstörung, die übervollen Postfächer, die wartenden Patienten, unerledigte Kundenanfragen und körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Unkonzentriertheit, Herzkreislaufbeschwerden, Immun-Suppression und Burnout-Syndrom. Wie könnte die hinter dem Symptom Stress liegende, unsichtbare Dynamik aussehen?

Vom Sichtbaren auf das Unsichtbare schließen

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Bannen hat zwei Bedeutungen. Eine Bedeutung beschreibt das Ausschließen aus einer Gemeinschaft „jemand wird verbannt“. Das andere Bannen meint das Gegenteil „jemand wird durch eine zwingende Gewalt festgehalten“. Die Zuschauer eines sehr spannenden Filmes bleiben gebannt auf ihren Sitzen. Stresssymptomatik bannt den Betroffenen und zwingt ihn zum Zuhören. Die Schmerzen, die Symptomatik wird so gravierend, dass nicht länger weggesehen werden kann. Längerfristig verbannt die Symptomatik den Arbeitenden aus dem Arbeitsleben. Wer chronisch krank geworden ist, wird zum Einhalten gezwungen. Der Betroffene muss keine Entscheidung mehr treffen und persönliche Bedürfnisse gegen den Arbeitnehmer durchsetzen. Die Verantwortung wurde durch die Krankheit abgenommen. Die eigenen hohen Erwartungen, die psychoanalytisch „Forderungen des Über-Ichs“ genannt werden, müssen nicht hinterfragt, aber auch nicht mehr erfüllt werden. Das Über-Ich spielt nach Freud auf unerbittliche Weise die Rolle eines Richters oder Zensors für das Ich. Die Werte der Eltern, der Gesellschaft und Kultur sind hier verankert. Eine Stresserkrankung kann unbewusst also eine Antwort auf ein zu starkes Über-Ich sein im Sinne eines Fluchtweges vor den eigenen Anforderungen. Der Psychoanalytiker Köhnlein beschreibt die Wirkung dieser unbewussten Fluchtwünsche vor allem bei Menschen, die einen inneren Konflikt mit Autoritäten haben. Wer mit großem Unbehagen vor Vorgesetzten und Autoritäten lebt, der hadert auch mit Aufgaben und Leistungen und der neigt dazu, Aufgaben in letzter Minute zu erledigen, zu prokrastinieren oder Stresssymptome auszubilden.

Protestantischer Arbeitseifer ist tief verwurzelt in unserer Kultur

Mit dem Begriff der Arbeit und der Bedeutung, die wir ihr in unserer Kultur geben, hat sich Max Weber in seinem Buch „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ auseinandergesetzt. Er beschreibt Kapitalismus als die Folge einer religiösen Grundhaltung, die sich über den Calvinismus aus dem Protestantismus entwickelt hat. Die Prädestinationslehre Calvins, die die Menschen in Auserwählte und Verdammte unterteilte, motivierte Menschen dazu, Reichtum anzusammeln und erfolgreich zu sein, um wenigstens vor ihren Mitmenschen als von Gott auserwählt zu erscheinen. Da gleichzeitig aber Werte wie Bescheidenheit, Fleiß, Arbeitseifer und Askese den Menschen verbot, ihren Reichtum zu zeigen, wurde das angehäufte Geld in die Produktionsmittel reinvestiert. Das förderte die Wachstumsideologie des Kapitalismus, die sich in unserem Sprachgebrauch auch als „haste was, bist du was“ wiederfindet.

Die protestantischen Tugenden finden sich in der heutigen Arbeitswelt in altruistischen Mitarbeiter*innen, die ausgestattet mit den Werten Bescheidenheit, Verzichtsbereitschaft, Friedfertigkeit, Selbstlosigkeit, Mitgefühl und Mitleid und gleichzeitig einer überhöhten Arbeitsmoral, Überstunden machen. Die psychologische Forschung belegt einen hohen Zusammenhang von altruistischen Werten und Stresserleben, bzw. Burn Out-Erkrankungen.

Die Angst vor Einsamkeit könnte Individuationsbestrebungen verhindern und Menschen dazu veranlassen, sich durch Aufopferung und Ignorieren eigener Bedürfnisse unentbehrlich zu machen.

Die heimliche Lust am Stress

Hinzu kommt, dass viele Arbeit zwar beklagt wird und psychischen wie physische Stressreaktionen verursacht, aber auch heimlich stolz macht und genossen werden kann.

Nach Lacan, einem französischen Psychoanalytiker, besteht Lust weniger in der Entspannung, sondern vielmehr in dem – fast unerträglichen – Hinauszögern. So genießen auch Sportler*innen, wenn der Muskelkater schmerzt, dass sie zäh sind und Schmerz ertragen können. Man sucht die Herausforderung, man geht an seine Grenzen. Vielleicht geleitet von der Hoffnung die engen Grenzen, die uns durch die körperlichen Bedürfnisse gesteckt sind, auszuweiten und weniger abhängig zu sein.

In diesem Sinne stellt die Arbeit für manche Menschen auch eine Möglichkeit dar, den für sie unlösbaren und undurchschaubaren Anforderungen auszuweichen, die ein Familienleben mit sich bringen kann. Der Psychoanalytiker Matthias Lohmer beschreibt vor allem für Führungskräfte diese „Flucht in die Arbeit“. Das klare und strukturierte Anforderungsprofil eins Berufslebens und der Belohnungseffekt von beruflichem Erfolg kann dazu führen, dass die Arbeit eine gleichsam „erotische Besetzung“ bekommen kann und die eigene Familie dann weniger wichtig und innerlich „versachlicht“ wird.

Psychodynamisches Coaching

Um nicht gebannt und bewegungslos zuzusehen, wie ein Symptom sich chronifiziert, kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Verständnis für die eigene Lebenssituation zu entwickeln, das Erkennen unbewusster und wiederkehrender Muster, das Fokussieren auf Gefühle, die Fantasie zu erforschen und die Art der eigenen Abwehr zu erkennen, sind klassische Aufgaben von psychodynamischem Coaching. Es reicht nicht aus, einen Weg vom jetzigen Verhalten zum Wunschverhalten zu skizzieren und neue Phantasien zu entwickeln, denen nicht nachgekommen werden kann. Es muss gelingen, die Nachricht des Symptoms Stress zu entschlüsseln und auch den Teil zu hören, der dem Bewusstsein bisher nicht zugänglich ist.

Arbeiten mit Imaginationsmethoden

Ich arbeite im Stress-Coaching unter anderem gerne mit der Methode der Imagination, der katathym imaginativen Psychotherapie, hier im Folgenden in der Abkürzung KIP benutzt. KIP ist ein psychodynamisches Verfahren, in dem in einem entspannten Zustand innere Bilder und Szenen von einem*r Coach begleitet werden und anschließend im Gespräch reflektiert werden. Jede KIP Sitzung beginnt mit einem Entspannungsverfahren. Gerade für sehr gestresste Menschen ist es wichtig, erstmal in einen Entspannungszustand zu kommen, in dem sich der Blick wieder aus dem durch Angst verengten Tunnel weitet. Dem Neurobiologen Gerald Hüther zufolge sind wir so programmiert, dass wir unter Einfluss der Angsthormone zeitsparender Weise den naheliegenden schon gebahnten Pfad gehen und nur im entspannten Modus in der Lage sind, kreativ neue Denkpfade zu beschreiten.

KIP erlaubt zwei Kommunikationsebenen. Eine emotionale Erlebnisebene der Imagination, in der sich innere Themen und Konflikte in Bildern zeigen. Der Coach begleitet hier, indem er ständig im Kontakt bleibt und Klienten*innen auf ihrer Reise durch unbewusste Inhalte zur Seite steht. Diese Art der Begleitung ist oft eine neue Erfahrung des Gehalten seins und des Vertrauens für Klienten*innen.  Coachees stehen die eigenen Bilder zur Verfügung, sie können sie kreativ gestalten und mit einem anderen Menschen teilen. Es entsteht ein Gefühl von Lebendigkeit, innerer Realität und Selbstwirksamkeit. Dieser Anteil des KIP wirkt auf Coachees entspannend. Durch die spielerische Methode wird die rationale Abwehr gemindert. Imaginationen bilden eine Brücke zwischen Symptom und Konflikt sowie Körper und Psyche.

Arbeiten mit der Biographie

Die andere Ebene, ist die Ebene des Gespräches. Hier wird das Erlebte kognitiv verarbeitet und reflektiert. Aus dem in der Imagination erlebten, können neue Wege entworfen werden. Beim Gespräche kann der Coachee Verbindungen zwischen verschiedenen Ebenen herstellen: Von der Ebene der Vergangenheit, Herkunftsfamilie und Berufsbiografie zu der Ebene der gegenwärtigen Arbeitsbeziehungen und der Beziehungen zwischen Coach und Coachee. Wenn es Coach und Coachee gelingt, Parallelen zwischen den verschiedenen Situationstypen herauszuarbeiten, dann erhalten Coachees wichtige Informationen über unbewusste Muster, die sie anwenden. Sie gewinnen neue Handlungsfreiheit, wenn sie die Angemessenheit ihrer Verhaltensmuster bewusst wahrnehmen und überprüfen können.

Statt einem „getrieben werden“ durch unbewusste Inhalte, können sich Coachees der Erfüllung ihrer Wünsche zuwenden. Sie können sich bewusst werden, welche Bedürfnisse durch beruflichen Erfolg erfüllt werden können und welche nicht.

Bei der Bewältigung von Stress sind wir als ganze Person gefragt. Haben Sie sich mit Ihren Themen auseinandergesetzt, erleben Sie einen erfolgreicheren Umgang nicht nur mit Stress, sondern mit sich selbst.

 

Eva Weiße, B.Sc. Psychologin

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